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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.02.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 1326/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 01.07.2004 - 3 Ca 205/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen personenbedingten Kündigung. Der am 30.03.1947 geborene Kläger ist verheiratet. Seit dem 27.09.1999 war er aufgrund einer Einstellungsvereinbarung vom 27.09.1999 (Bl. 138 d.A.) als Fernfahrer im Werksfernverkehr der Beklagten, die mit der Herstellung von Betten und Matratzen befasst ist und ca. 300 Mitarbeiter beschäftigt, zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 1.943,00 € tätig. In der Zeit vom 29.03.2000 bis zum 07.04.2000 und vom 20.09.2000 bis zum 31.12.2000 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 23.02.2002 besteht durchgehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger leidet an Rückenbeschwerden, Kniebeschwerden sowie an Herzrhythmusstörungen. Ob er auf Dauer leistungsunfähig und im Betrieb der Beklagten als Fahrer nicht mehr einsetzbar ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 14.01.2003 (Bl. 4 d.A.) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 28.02.2003. Hiergegen erhob der Kläger am 30.01.2003 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Hierzu hat er behauptet, er sei nicht auf Dauer aus gesundheitlichen Gründen gehindert, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er könne bei der Beklagten auch mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die seinem eingeschränkten Gesundheitszustand gerecht würden. Eine negative Gesundheitsprognose sei nicht vorhanden. Betriebsablaufstörungen lägen nicht vor. Der Kläger hat beantragt, 1. festzustellen, dass das zwischen den Partien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 14.01.2003, dem Kläger zugestellt am 15.01.2003, zum 28.02.2003 beendet wurde, 2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht aufgrund anderer Beendigungstatbestände beendet worden ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Kläger sei aufgrund seiner Beschwerden auf Dauer leistungsunfähig. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb der Beklagten sei nicht vorhanden. Wegen seiner Herzrhythmusstörungen könne der Kläger insbesondere nicht mehr im Fernverkehr eingesetzt werden. Auch ein Einsatz im innerbetrieblichen Werksverkehr komme wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht in Betracht. Im internen Werksverkehr sei der jeweilige Fahrer auch mit der Be- und Entladung der Fahrzeuge befasst. Diese Tätigkeit sei mit schwerem Heben und Tragen schwerer Gegenstände verbunden. Das Arbeitsgericht hat eine schriftliche Auskunft bei den den Kläger behandelnden Ärzten Dr. F1xx und Dr. Z1xxxxx eingeholt. Auf die Auskünfte vom 10.04.2003 (Bl. 29 d.A.) und vom 07.05.2003 (Bl. 37 d.A.) wird Bezug genommen. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht aufgrund des Beschlusses vom 05.12.2003 (Bl. 53 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Zentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit e.V.. Auf den Inhalt des am 19.03.2004 erstatteten Gutachtens (Bl. 58 ff.d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Durch Urteil vom 01.07.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage sodann abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung vom 14.01.2003 sei wegen dauerhafter Leistungsunfähigkeit sozial gerechtfertigt. Dem Kläger, der auch weiterhin arbeitsunfähig erkrankt war, seit März 2004 von der Krankenkasse ausgesteuert wurde und seither Arbeitslosengeld bezieht, wurde das erstinstanzliche am 06.07.2004 zugestellt. Hiergegen hat er am 14.07.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.10.2004 mit dem am 28.09.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, die ausgesprochene Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung, auf den maßgeblich abzustellen sei, sei keine ausreichende negative Gesundheitsprognose gegeben. Auch die seinerzeit eingeholten Erkundigungen bei der Krankenkasse hätten keine präzisen Angaben über die Gesundheitsprognose des Klägers enthalten. Auch die Krankenkasse sei seinerzeit davon ausgegangen, dass der Kläger in Kürze die Arbeitsunfähigkeit wiedererlangen würde. Die bloße Unsicherheit über eine weitere Arbeitsunfähigkeit stelle aber keinen Kündigungsgrund dar. Darüber hinaus habe auch das vom Arbeitsgericht eingeholte Gutachten nicht auf den Zeitpunkt der Kündigung, sondern auf den der Untersuchung beim Gutachter abgestellt. Nach der Auskunft des den Kläger behandelnden Arztes Dr. F1xx sei hingegen seinerzeit mit der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen gewesen. Auch eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb der Beklagten sei nicht ausgeschlossen, der Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz sei organisatorisch möglich. Die Beklagte selbst habe auch im Vorfeld der Kündigung den Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz in Erwägung gezogen. Eine anderweitige Beschäftigung des Klägers folge auch aus § 81 SGB IX. Schließlich habe die Beklagte im Kündigungsschreiben vom 14.01.2003 lediglich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers und ihre wirtschaftlichen Folgen hingewiesen. Nunmehr stütze sie die Wirksamkeit der Kündigung auf dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 01.07.2004 - 3 Ca 205/03 - festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 14.01.2003 zum 28.02.2003 beendet worden ist. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, dass der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig und mit der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit habe auch bereits zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung vom 14.01.2003 vorgelegen. Bereits hieraus ergebe sich die negative Prognose zum Zeitpunkt der Kündigung. Der Kläger habe selbst auch nichts zur Besserung seines Gesundheitszustandes vorgetragen. Auch ein anderweitiger Einsatz des Klägers im Betrieb der Beklagten unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen komme nicht in Betracht. Der Kläger sei bei der Begutachtung und bei der Betriebsbesichtigung durch den Gutachter anwesend gewesen. Mehrfach sei er vom Gutachter gefragt worden, wie er sich seinen weiteren Einsatz vorstelle. Zu jedem der in Augenschein genommenen Arbeitsplätze habe der Kläger aufgrund seiner erheblichen Erkrankungen bekennen müssen, dass er die dort zu verrichtenden Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht verrichten könne. Die Begehung des Betriebes selbst habe mehrfach unterbrochen werden müssen, da der Kläger bereits aufgrund seiner erheblichen Erkrankungen nicht in der Lage gewesen ist, die Betriebsbegehung zu Fuß kräftemäßig zu bewältigen. Auch die vor Ausspruch der Kündigung von der Beklagten angestellten Erkundigungen bei der Krankenkasse hätten ergeben, dass bereits seinerzeit eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit des Klägers gegeben gewesen sei. Aufgrund des Beschlusses vom 28.10.2004 (Bl. 124 d.A.) hat die Berufungskammer eine ergänzende Auskunft bei dem Zentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit e.V., Dr. med. J. M5xxxx, eingeholt. Auf die schriftliche Auskunft vom 15.11.2004 (Bl. 127 d.A.) wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage des Klägers als unbegründet abgewiesen. I Die Unwirksamkeit der Kündigung vom 14.01.2003 ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 1 KSchG. Zwar rechtfertigen sowohl die Beschäftigungszeit des Klägers im Betrieb der Beklagten als auch die Größe des Betriebes der Beklagten die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG. Die Kündigungsschutzklage ist auch rechtzeitig erhoben worden, § 4 KSchG. Die Kündigung des Klägers vom 14.01.2003 ist jedoch sozial gerechtfertigt, weil sie durch Gründe, die in der Person des Klägers liegen, bedingt ist, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. 1. Zu den personenbedingten Gründen, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können, gehört neben den Fällen häufiger Kurzerkrankungen und langandauernder Erkrankungen nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte auch der Fall der dauernden Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die dauernde krankheitsbedingte Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, kann eine ordentliche fristgerechte Kündigung rechtfertigen. Aufgrund der Erkrankung steht nämlich bereits fest, dass der Mitarbeiter niemals mehr in der Lage sein wird, die von ihm geschuldete Arbeitseistung zu erbringen, insoweit ist das arbeitsrechtliche Austauschverhältnis praktisch auf Dauer gestört (BAG, Urteil vom 05.08.1976 - AP KSchG 1969, § 1 Krankheit Nr. 1; BAG, Urteil vom 30.01.1986 - NZA 1987, 555; BAG, Urteil vom 28.02.1990 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 25; BAG, Urteil vom 21.05.1992 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 30; BAG, Urteil vom 29.01.1997 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 32; BAG, Urteil vom 29.04.1999 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 36; BAG, Urteil vom 12.04.2002 - AP KSChG 1969 § 1 Nr. 65; KR/Etzel, 7. Aufl., § 1 Rz. 375 ff.; APS/Dörner, 2. Aufl., § 1 Rz. 188; ErfK/Ascheid, 5. Aufl., § 1 KSchG Rz. 208; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl., Rz. 1236; Weber/Hoß, DB 1993, 2429; Hoß, MDR 1999, 777, 779; Roos, NZA-RR 1999, 617, 619 m.w.N.). a) Zu Recht hat das Arbeitsgericht das Vorliegen dieser Voraussetzungen angenommen. Durch das vom Arbeitsgericht eingeholte Gutachten ist erwiesen, dass der Kläger auf Dauer als Fahrer im Fernverkehr nicht mehr einsetzbar ist. Nach dem Gutachten vom 19.03.2004 leidet der Kläger an einer absoluten Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Ein Kardioversionsversuch war erfolglos und sollte auch nicht mehr wiederholt werden. Aufgrund dieser Herzrhythmusstörungen ist der Kläger für eine Fahrtätigkeit, insbesondere im Fernverkehr, nicht mehr geeignet. Der Gutachter hat ausgeführt, dass bei Herzrhythmusstörungen eine dauernde Durchblutung des Gehirns nicht gewährleistet ist; dadurch sind das Wachbewusstsein, die Konzentration, die Reaktionsfähigkeit und die Aufmerksamkeit beeinträchtigt. Darüber hinaus stellt der Gutachter fest, dass der Kläger an Erkrankungen der Wirbelsäule und der Kniegelenke leidet. Aus diesem Grund kommt auch ein Einsatz des Klägers im internen Werksverkehr nicht in Betracht, da diese Tätigkeiten mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände verbunden sind. Angesichts dieser Feststellungen des Gutachters liegt nicht nur, wie der Kläger meint, eine ungewisse Gesundheitsprognose, sondern eine negative Prognose vor. Der Kläger ist nach den gutachterlichen Feststellungen auf Dauer nicht mehr in der Lage, im Werksfernverkehr bzw. im internen Werksverkehr tätig zu sein. Die zusammen mit dem Kläger durchgeführte Werksbegehung und Arbeitsplatzbesichtigung hat darüber hinaus ergeben, dass der Kläger nicht in der Lage ist, an anderen Arbeitsplätzen im Betrieb der Beklagten verwertbare Arbeitsleistungen zu erbringen. Dies hat der Kläger nach den gutachterlichen Feststellungen selbst während der Betriebsbegehung erklärt.

Hinzu kommt, dass der Kläger - jedenfalls bis zu seiner Aussteuerung im März 2004 - durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Seine Arbeitsfähigkeit hat er bis heute nicht wieder erlangt. Dass der Kläger seit März 2004 wieder arbeitsfähig gewesen ist, behauptet der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht. b) Auf eine Beeinträchtigung betrieblicher Belange kommt es bei einer derartigen Fallgestaltung nicht mehr an. Ist ein Arbeitnehmer auf Dauer unfähig, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, so braucht der Arbeitgeber keine darüber hinausgehenden erheblichen Betriebsbeeinträchtigungen darzulegen, da das Arbeitsverhältnis bereits aufgrund der dauernden Unmöglichkeit seiner Erfüllung ganz erheblich gestört ist (BAG, Urteil vom 28.02.1990 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 25 - unter II. 1. b) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom 21.05.1992 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 30 - unter III. 3. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 29.04.1999 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 36 - unter II. 4. der Gründe; BAG, Urteil vom 12.04.2002 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 65 - unter II. 5. c) der Gründe; KR/Etzel, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 376; Hoß, MDR 1999, 777, 780; Lepke, Kündigung bei Krankheit, 11. Aufl. 2003, Rz. 112 m.w.N.). 2. Die mit der Berufung vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 14.01.2003 greifen nicht durch. a) Richtig ist zwar der Einwand des Klägers, dass für die Beurteilung einer krankheitsbedingten Kündigung grundsätzlich allein auf den Kündigungszeitpunkt abzustellen ist (BAG, Urteil vom 15.08.1984 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 16; BAG, Urteil vom 24.04.1999 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 36; BAG, Urteil vom 17.06.1999 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 37; BAG, Urteil vom 12.04.2002 - AP KSchG 1969 § 1 Nr. 65; KR/Etzel, a.a.O., § 1 Rz. 235; ErfK/Ascheid, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 220; APS/Preis, a.a.O., Grundlagen D Rz. 11; Lepke, a.a.O., Rz. 92 f.; Hoß, MDR 1999, 777 f.; Roos, NZA-RR 1999, 617 m.w.N.). Richtig ist auch, dass das vom Arbeitsgericht eingeholte Gutachten vom 19.03.2004 - jedenfalls nicht ausdrücklich - darauf abstellt, dass es dem Kläger bereits zum Zeitpunkt der Kündigung vom 14.01.2003 auf Dauer unmöglich gewesen ist, die geschuldete Arbeitsleistung im Werksfernverkehr bzw. Werksverkehr zu erbringen. Die von der Berufungskammer eingeholte ergänzende Auskunft des Gutachters hat jedoch ergeben, dass die Erkrankungen, die der Begutachtung vom 19.03.2004 zugrunde gelegen haben, mit Sicherheit seit Mai 2002 vorgelegen haben. Dies hat der Gutachter nachvollziehbar damit begründet, dass der Begutachtung bereits Befundberichte anderer Ärzte aus August und September 2002 vorgelegen haben. Danach muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits seit Mai 2002 nicht mehr in der Lage gewesen ist, auf Dauer seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als Fernfahrer nachzugehen. b) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte es unterlassen habe, sich vor Ausspruch der Kündigung vom 14.01.2003 hinsichtlich der weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausreichend zu erkundigen, zum Zeitpunkt der Kündigung hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine negative Prognose bestanden. Auf eine vorherige Erkundigung durch den Arbeitgeber nach dem Gesundheitszustand und der -prognose vor Ausspruch einer Kündigung kommt es für die Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht an. Entscheidend sind allein die objektiven Verhältnisse bei Zugang der Kündigung. Selbst dann, wenn sich ein Arbeitgeber, bevor er die Kündigung erklärt, nicht nach dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers erkundigt, führt dies nicht dazu, dass die Kündigung sozialwidrig wäre (BAG, Urteil vom 10.03.1977 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 4; BAG, Urteil vom 25.11.1982 - AP KSChG 1969 § 1 Krankheit Nr. 7 - unter B. I. 1. der Gründe; BAG, Urteil vom 17.06.1999 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 37 - unter II. 2. b) aa) der Gründe; KR/Etzel, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 327; ErfK/Ascheid, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 201; Lepke, a.a.O., Rz. 97 f. m.w.N.). c) Auch führt die in Nuancen anderslautende Begründung für die Kündigung im Kündigungsschreiben vom 14.01.2003 nicht zur Unwirksamkeit dieser Kündigung. Eine Mitteilung der Kündigungsgründe an den Arbeitnehmer ist nämlich von Gesetzes wegen überhaupt nicht erforderlich. Da ein Kündigungsgrund nicht mitzuteilen ist, kann der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess sich auf alle Tatsachen berufen, die vor Zugang der Kündigung vorgelegen haben. Es kommt nicht einmal darauf an, ob sie ihm bekannt waren oder nicht. Eine Kündigung ist nicht schon deshalb nach § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt oder nach den §§ 242, 138 BGB unwirksam, weil bei Ausspruch der Kündigung keine Kündigungsgründe angegeben worden sind (BAG, Urteil vom 21.03.1959 - AP KSchG § 1 Nr. 55; BAG, Urteil vom 18.01.1980 - AP BGB § 626 Nachschieben von Gründen Nr. 1; BAG, Urteil vom 21.02.2001 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 12 - unter B. II. 2. der Gründe; ErfK/Ascheid, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 112; APS/Preis, a.a.O., Grundlagen D Rz. 23 m.w.N.). Die Beklagte konnte sich danach auch noch im laufenden Kündigungsschutzverfahren zur Begründung der Kündigung darauf berufen, dass der Kläger auf Dauer nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Etwas anderes hätte allenfalls dann gelten können, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vor Ausspruch der Kündigung anzuhören gewesen wäre. Das ist aber nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien nicht der Fall, weil ein Betriebsrat im Betrieb der Beklagten nicht gebildet worden ist. 3. Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil auch davon ausgegangen, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten, die seinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entspricht, nicht in Betracht kam. Zwar kann auch eine personenbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt sein, wenn Wieterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen freien Arbeitsplatz gegeben sind, bei dem die gesundheitlichen Mängel oder Beeinträchtigungen entweder gar nicht oder nur unbedeutend zu Tage treten werden (BAG, Urteil vom 10.03.1977 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 4; BAG, Urteil vom 20.05.1988 - AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 9; BAG, Urteil vom 07.02.1991 - AP KSchG 1969 § 1 Umschulung Nr. 1; KR/Etzel, a.a.O., § 1 Rz. 272; ErfK/Ascheid, a.a.O., § 1 KSchG Rz. 180; Lepke, a.a.O., Rz. 160, 162 m.w.N.). Freie Arbeitsplätze, auf denen der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden könnte, sind jedoch nicht vorhanden. Der Kläger hat selbst derartige freie Arbeitsplätze nicht benennen können. Zwischen den Parteien ist auch unstreitig, dass eine Umsetzung des Klägers auf einen anderen Arbeitsplatz im Betrieb nicht in Betracht kam. Bei der Betriebsbegehung durch den Gutachter vom 29.01.2004, bei der der Kläger anwesend gewesen ist, war der Kläger nicht in der Lage, Arbeitsplätze zu benennen, an denen er trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen seine Arbeitsleistung in vollem Umfange erbringen konnte. Der Kläger musste zu jedem der besichtigten Arbeitsplätze bekennen, dass er die dort zu verrichtende Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht verrichten könne. 4. Schließlich führt auch eine abschließende Interessenabwägung nicht zu dem vom Kläger erstrebten Ergebnis. Greift eine Kündigung wegen krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit an sich durch, kann eine Interessenabwägung nur in seltenen Ausnahmefällen zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfallen. Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit und bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist die Interessenabwägung stark eingeschränkt, weil aufgrund der Erkrankung bereits feststeht, dass der Mitarbeiter nicht mehr in der Lage sein wird, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (KR/Etzel, a.a.O., § 1 Rz. 377; Lepke, Rz. 137; Löw, MDR 2004, 1340, 1342 m.w.N.). Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hatte noch keinen übermäßig langen Bestand. Zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung vom 14.01.2003 hatte der Kläger erst eine ca. 3,5 Jahre währende Betriebszugehörigkeit aufzuweisen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom Arbeitgeber oder im Betrieb der Beklagten verursacht worden ist. Schließlich gehörte der Kläger auch nicht zu dem Kreis anerkannter schwerbehinderter Menschen, die nach § 81 Abs. 2 SGB IX vorrangig zu fördern sind. II Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG. Für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht bestand nach § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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